Kunst & Kultur

Allen politischen Problemen zum Trotz erlebte die Weimarer Republik, vor allem ab Mitte der 20er Jahre, auf dem Gebiet der Kunst und Kultur eine wahre Blüte. Diese Zeit wird heute gerne als die „Goldenen Zwanziger“ bezeichnet, wobei damit meist nur die kurze Zeitspanne zwischen der Hyperinflation (1923) und der Weltwirtschaftskrise (1929) gemeint ist und man ehrlicherweise sagen muss, dass der Begriff „Golden“ höchstens für einen kleinen wohlhabenden Teil der Bevölkerung zutraf.
Gründe für den rasanden Kulturwandel waren u.a. die, im Gegensatz zu Kaiserzeit, aufgeweichte Zensur, die Aufbruchsstimmung in eine neue Zeit und die Verbreitung der Massenmedien mit der einhergehenden Aufweichung der alten Klassenstrukturen. Zentrum und Hochburg des deutschen Kulturlebens war Berlin, die damals drittgrößte Stadt der Welt.

 
Wandel der Gesellschaft
Während der Weimarer Republik wurde Freizeitgestaltung erstmals ein für die breitere Masse erreichbares Gut. Möglich machte dies vor allem die Einführung des, seit 1918 gesetzlich vorgeschriebenen, Achtstundentags. Infolgedessen breitete sich innerhalb von kurzer Zeit eine große Unterhaltungsindustrie in Deutschland aus. Überall sprießten Varietés, Tanzlokale, Rummelplätze, Boxarenen und Filmpaläste aus dem Boden. Auch Sportvereine verzeichneten einen nie dagewesenen Mitgliederzuwachs.
Allerdings muss man festhalten, dass sich dieser Trend vor allem in den Großstädten etablierte, während das Leben auf dem landwirtschaftlich und konservativ geprägten Land eher noch seinen gewohnten Bahnen nachging. Auf dem Land war die Arbeit oft hart und schlecht bezahlt, weswegen es zur Weimarer Zeit zu einer weiteren großen Landfluchtwelle hinein in die Städte kam, wo sich die Menschen ein besseres Leben versprachen, aufgrund von Wohnungsmangel aber allzu oft in zusammengepferchten Verhältnissen leben mussten.

Das 1928 eröffnete Lichtspielhaus Schramberg auf einem Gemälde von Franz Hützschk

 
Massenmedien / Kino
Neue Medien wie Schallplatten, Zeitschriften, Radio und natürlich der Film, gelangten in der Weimarer Republik zu ihrem Durchbruch. Waren sie Anfangs noch einer kleinen Oberschicht vorbehalten, dienten sie schon bald der breiten Masse als Unterhaltung.

 
Bei der Schallplatte führte das neue elektronische Aufnahmeverfahren ab ca. 1925 dazu, dass sich die Kosten einer Schallplattenaufnahme enorm reduzierten und gleichzeitig die Klangqualität zunahm. Fortan entstanden auch in Deutschland zahlreiche Plattenfirmen mit teilweise hoher Experimentierfreudigkeit und eine große Musikbegeisterung in der breiten Bevölkerung. Erst durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde dieser Trend ausgestoppt, zahlreiche Plattenfirmen wurden aufgelösten und erfolgreiche Musiker, wie die jüdischen Mitglieder der Comedian Harmonists, bekammen ein Berufsverbot.
Als neues Medium in der Weimarer Republik kam auch das Radio hinzu, schließlich fand am 22. Dezember 1920 die erste öffentliche Rundfunkübertragung in Deutschland statt. War dieses Medium für die Masse anfangs noch unerschwinglich, so führten neue Fertigungsmethoden bei den Röhrenradios Ende der 20er Jahre zu deutlich reduzierten Preisen.

 
Auch der Film und damit verbunden das Kino (Fernsehen gab es schließlich noch nicht) erlebte in den 20er Jahren seinen großen Durchbruch. War er zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch eine Jahrmarktsattraktion, so entwickelten sich Filme nun zu einer neuen Kunstform, die das bis dato amtierende Theater schon bald in den Schatten stellen sollte und zu einem der wichtigsten Massenmedien überhaupt wurde.
Überall entstanden Lichtspielhäuser (heute als Kinos bekannt), so dass ihre Anzahl bis 1930 allein in der Weimarer Republik auf ca. 5000 anwuchs – Heutzutage befinden sich in Deutschland nicht einmal mehr halb so viele Kinos.
Stars wie Marlene Dietrich oder Heinz Rühmann gingen auf und Deutschland wurde zu einer der führenden Filmnationen mit bekannten Werken wie Nosferatu (1922), Metropolis (1927), Der blaue Engel (1930) oder M – Eine Stadt sucht einen Mörder (1931). Letztere gehöhrten bereits der Ära des Tonfilms an, der zwar viele Berufsmusiker arbeitslos machte, der Kunstform Film aber ganz neue Möglichkeiten eröffnete. In den 30er Jahren und spätestens mit dem Untergang der Weimarer Republik wurde Hollywood zum Mittelpunkt des Films, da es u.a. auch von zahlreichen Auswanderern aus der europäischen Filmbranche profitierte.

Das 1926 eröffnete Bauhaus Gebäude in Dessau

 
Archtitektur
Auch die Architektur in der Weimarer Republik wandelte sich stark: Waren früher Schmuckelemente bei Gebäuden gang und gäbe, so setzte sich nun ein Trend zur reinen Funktionalität ein. Neue, u.a. als Funktionalismus oder Neue Sachlichkeit bekannte, nüchterne und rechtwinkliche Bauformen setzte sich mehr und mehr durch.
Das in Weimar gegründete und später nach Dessau verlegte Bauhaus, war einer der wichtigsten Vertreter dieser neuen Architekturformen. Es hatte zum Ziel die Architektur als Gesamtkunstwerk mit anderen Künsten zu verbinden. Gründer Walter Gropius erdachte sich eine Arbeitsgemeinschaft bei der zwischen Künstlern und Handwerkern kein Unterschied gemacht werden sollte.
Gropius sah für den modernen Städtebau große, rein funktionale, Wohnblocks mit nach Süden gerichteten Terrassen vor. Auch die Inneneinrichtung sollte schlicht und Funktional sein – Klappbare Möbel waren ein großer Renner.