Die Hyperinflation 1923

Bis heute gehört die große Inflation des Jahres 1923 zu den Traumen der Deutschen. Alle Ersparnisse waren dahin, das Geld wertlos. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Angst vor der Geldentwertung halten konnte und weiterhin zu den Urängsten gehöhrt. Nun stellt sich natürlich die Frage wie es überhaupt so weit kommen konnte.

Die Wurzel der Hyperinflation ist bereits in der Verschuldung durch den Ersten Weltkrieg zu finden

 
Die Wurzel der deutschen Inflation keimte bereits im Jahre 1914, durch den Beginn des Ersten Weltkriegs, auf. Deutschland musste sich für die Finanzierung des Krieges hoch verschulden, ausserdem kam es zu einer regelrechten Knappheit verschiedener Güter wie Brennstoffe oder Nahrung. Dies führte schon während der Kriegsjahre zu einer enormen Preissteigerung, die mit Verspätung durch Anpassungen der Löhne aufgefangen wurde.
Lange Zeit hoffte Deutschland den Krieg zu gewinnen und die Schulden durch Reparationen wieder senken zu können. Als 1918 das Gegenteil eintrat und Deutschland nun in der Schuld stand, waren weiterführende Probleme vorprogrammiert.

 
Die frisch entstandene Weimarer Republik verpflichtete sich durch den Versailler Vertrag von 1919 zu Reparationszahlungen in Form von Sachgütern, Goldmark und Devisen. Damit waren Teile der Reparationen nicht der inländischen Inflation ausgesetzt und behielten auch bei einer Geldentwertung ihre eigentliche Höhe.
Die Deutsche Mark hatte inflationsbedingt von Kriegsbeginn bis 1920 bereits 90 % ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar eingebüßt. Bis Oktober 1922 beschleunigte sich die Geldentwertung weiter und die Mark war gar nur noch ein tausendstel ihres Vorkriegsniveaus wert.





Anzeige

 
Die Weimarer Republik sah sich Ende 1922 nicht mehr in der Lage die Reparationsforderungen vollständig zu erfüllen und geriet alsbald in Rückstand. Frankreich nahm dies als Anlass im Januar 1923 das Ruhrgebiet zu besetzen um durch die Kontrolle der Kohle- und Koksproduktion die Reparationszahlungen mit Gewalt durchzusetzen.
In der Weimarer Republik führte die Ruhrbesetzung zu einem nationalen Aufschrei und Reichskanzler Wilhelm Cuno rief am 13. Januar 1923 zum passiven Widerstand gegen die Besatzer auf. In Folge dessen stellte Deutschland die Reparationszahlungen an Frankreich und Belgien ein und begann in den besetzten Gebieten einen Generalstreik, der neben der Industrie auch Verkehr und Verwaltung betraf.

Anfang 1923 besetzte Frankreich das Ruhrgebiet und beschwor damit einen Generalstreik herauf

 
Um den Streik aufrechterhalten zu können wurden die Löhne von etwa zwei Millionen Arbeitern vom Staat übernommen. Die Regierung unter Kanzler Cuno musste dafür den Gelddruck weiter beschleunigen, was zum endgültigen entgleisen der Lage führte. Deutschland schlitterte in eine noch nie dagewesene Hyperinflation.
Durch eine Spirale aus Preis- und Lohnerhöhungen und dem Versuch des Staates seinen Zahlungsverpflichtungen weiter nachzukommen beschleunigte sich die Inflation explosionsartig. Wer seinen Lohn erhielt musste ihn sofort ausgeben, da er schon binnen Stunden am Wert verlieren konnte. Die Läden bunkerten ihre Vorräte und verknappten damit das Angebot weiter, was ebenfalls die Preisspirale antrieb. Wer wollte schon Sachwerte gegen Geld tauschen, welches einem enormen Wertverfall ausgeliefert war.

Fünf Billionen Mark Schein vom 1. November 1923

 
Zwischen Anfang Juni und Anfang Dezember 1923 entwertete sich die Mark gegenüber dem Dollar von 1:100.000 auf 1 zu 4,21 Billionen. Ein Liter Milch kostete zu diesem Zeitpunkt etwa 360 Milliarden Reichsmark. Deutschland war ein Land der Milliardäre in Armut geworden.
Obwohl immer höhere Geldscheine in Umlauf kamen und viele einfach nur noch Überdruckt wurden, mussten oft ganze Schubkarren voll Scheine transportiert werden. Oftmals wurden wertlos gewordene Scheine einfach im Ofen verbrannt oder als Schmierzettel verwendet.

 
Schon bei Amtsübernahme im August 1923 war dem neuen Reichskanzler Gustav Stresemann klar geworden, dass der Ruhrkampf nicht fortgesetzt werden konnte. Die Reallöhne waren niedrig wie nie, die Arbeitslosigkeit stieg an und die Angst vor einem Umsturz wurde größer. Am 26. September wurde der Ruhrkampf für beendet erklärt und der passive Widerstand aufgegeben. Die Siegermächte ließen sich auf Verhandlunge über die Reparationszahlungen ein, doch zuvor musste Deutschland seine Währung stabilisieren.

 
Für den Übergang wurde November 1920 die sogenannte Rentenmark eingeführt, die im Kurs 1:1 Billion alte Mark ausgegeben wurde. Obwohl es dauerte bis die Rentenmark voll im Umlauf war und die alten Papiermarkscheine noch bis 1925 als Notgeld Verwendung fanden, stoppte die Inflation Ende 1923 abrupt. Der Begriff „Wunder der Rentenmark“ wurde geprägt.
Am 30. August 1924 wurde schließlich offiziell die Reichsmark als neue Währung eingeführt, die zur Rentenmark aber eh im Verhältnis 1:1 stand und daher keiner weiteren Umgewöhnung bedurfte. Außerdem folgte 1924 auch der sogenannte Dawes-Plan der die Reparationszahlungen der Weimarer Republik fortan an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes band um eine Ähnliche Krise in Zukunft zu verhindern.

 
Auch wenn das Inflationsdesaster 1924 behoben war und die Weimarer Republik vor einer relativ stabilen Zeit stand, so hatte die Inflation doch tiefgreifende Wunden hinterlassen. Viele Bürger waren um ihre Ersparnisse gebracht worden und hatten das Vertrauen in die Deutsche Demokratie verloren, schließlich fühlten sie sich von der Weimarer Republik betrogen die auf ihre Kosten praktisch eine Entschuldung vornahm. Diese Wunden klafften spätestens bei der Weltwirtschaftskrise 1929 wieder auf und beschleunigten den Untergang der Weimarer Republik.
Abschließend sollte man aber auch erwähnen, dass die Inflation auch zahlreiche Profiteure hatte. Wer z.B. vor 1923 einen großen Kredit, z.B. für Hausbau oder ähnliches, aufgenommen hatte, war plötzlich und ohne eigenes Zutun Schuldenfrei.